Druckerei Pese - die Engelswerkstatt

Zu ganz frühen Anfangszeiten des Christkindlesmarkts hatte noch fast jeder Marktstand einen eigenen Rauschgoldengel im individuellen Stil.  Der Engel, wie wir ihn heute kennen, und der als Aushängeschild über den Eingangstoren des Marktes schwebt, wurde erst in den 20er-Jahren etabliert.

Die Geschichte des Nürnberger Rauschgoldengels geht auf eine Begebenheit zurück, die sich vor etwa 400 Jahren zugetragen haben soll.
Melchior Hauser war ein Puppenmacher zu Nürnberg. Sein einziges, heiß-geliebtes und schönes Töchterchen war erst gestorben. Eines Tages ging er durch die engen dunklen und verschneiten Straßen von Nürnberg, in Gedanken versunken wie er seiner Frau über den schmerzlichen Verlust ihres Kindes hinweghelfen könne. In Gedanken das Abbild seiner Tochter vor sich, lenkten ihn die Schritte in seine Puppenwerkstatt. Dort fertigte er einen kleinen Engel, nach dem Ebenbild seines Kindes. Nachdem er damit fertig war, legte er seiner schlafenden Frau das kleine Kunstwerk in die Arme. Als seine Frau erwachte und den Engel erblickte, erkannte sie darin ihr verstorbenes Kind,
Der Puppenmacher verwendete damals für das Engelsgewand ein ca. 0,01 bis 0,03 mm starkes Messingblech, das bei der Bearbeitung knistert und rauscht. Daher der Name Rauschgoldengel. In der Fachsprache wird das Rauschgold eigentlich als Flittergold bezeichnet. Der Original Nürnberger Rauschgoldengel hat einen goldenen Faltenrock mit roter Schürze. Ferner hat dieser Engel keine Arme, da zur Zeit seiner Entstehung es auch noch nicht üblich war, den Puppen Arme zu geben. Er trägt eine Krone auf dem Kopf. Der Körper ist aus Pappmache oder Holz und von Hand bemalt.

Jeder Rauschgoldengel wird aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt - in jedem einzelnen Teil steckt viel Arbeit und Feingefühl. Je kleiner der Engel, desto aufwendiger der Prozess. Rock, Schürze und dergleichen müssen händisch zugeschnitten, angepasst und mit Streifen beklebt werden. Dazu kommen Stanzteile (natürlich manuell ausgestanzt), und dann das Wichtigste: die Faltung von Rock und Flügeln. Die handbemalten Holzköpfe sind das einzige Element, das nicht in der Druckerei Pese entsteht. Sie kommen aus dem Erzgebirge.

Gegründet wurde die Druckerei Pese von Ulrike Friemelt’s Großvater und dessen Bruder. Ihre Mutter, die eigentlich fürs Büro zuständig war, hatte das Rauschgoldengel-Business aus einem lustigen Zufall heraus gestartet und dann an die Tochter weitergegeben. Seitdem ist ein Schreibtisch in der Druckerei fest als Engels-Werkbank reserviert. Zum Leben reicht das Rauschgoldengel Basteln nicht, Ulrike ist auch Geschäftsführerin der Druckerei und arbeitet zusätzlich in der Verwaltung mit. Trotzdem ist es für sie keine Frage, ob sie die Rauschgoldengel auch die nächsten 50 Jahre noch genau so weitermachen möchte - aus Passion, aber vor allem auch Tradition. Die spezielle Falttechnik für den Rock der Engel kommt übrigens von Großvater Pese und ist ein streng gehütetes Familiengeheimnis.